Die Jahre 2000 bis 2010

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Die Jahre 2000 bis 2010

Die Reise ins Mobilfunk-Glück

Handy

Im neuen Jahrtausend startete in Deutschland eine weitere technologische Revolution: das Handy setzte sich durch und damit auch die SMS. Waren im Jahr 1999 schon 23 Millionen Mobilfunkteilnehmer registriert, schnellte die Zahl im Jahr 2000 auf 48 Millionen hoch. Gegen Ende des Jahrzehnts meldeten die Netzprovider bereits 108 Millionen Mobilfunknummern und damit mehr, als Deutschland Einwohner hat.

Gleichzeitig stieg die Beliebtheit der SMS in Deutschland weiter an. Wurden im Jahr 2000 rund 11,4 Milliarden Kurzmitteilungen verschickt, liefen zehn Jahre später schon über 41 Milliarden Nachrichten über die Netze der Mobilfunker.

Mitarbeiter*innen werden mobil

Josef Humbert, heute Leiter der newmedia-Redaktion, arbeitet seit 1997 bei Materna und gehörte zu den wenigen Mitarbeiter*innen, die Ende der 1990er Jahre mit einem Firmen-Handy ausgestattet wurden. Er und weitere Kollegen nutzten die mobilen Geräte primär zum Telefonieren, aber schon bald kamen auch SMS-Nachrichten hinzu. Daten auf dem Handy zu verarbeiten, war damals jedoch noch nicht sinnvoll möglich.

Marcus Götting, IoT-Experte bei Materna in Bremen, besaß mit dem Palm 5 einen mobilen Organizer. „Ich konnte das Gerät mit dem Handy koppeln und dann sogar Texte schreiben. Das war für diese Zeit wirklich fortschrittlich. Die Datenübertragung per GPRS war jedoch eine absolute Katastrophe“, berichtet Götting. Der General Packet Radio Service wurde zusammen mit Edge auch als 2,5G bezeichnet und war ein Zwischenschritt hin zur 3G-Übertragung. „Für mobile Endgeräte wurde damals das Wireless Access Protocol (WAP) eingeführt. Damit konnte man ganz rudimentäre Webseiten anschauen. Das war noch meilenweit entfernt vom mobilen Surfen, wie wir es heute kennen“, blickt er zurück.

Das Potenzial rechtzeitig erkannt

Materna engagierte sich frühzeitig im Mobilfunkmarkt. Zunächst hatte das Unternehmen den Versand von SMS zwischen den Netzbetreibern übernommen. „Hierfür haben wir ein Gateway zwischen den zu der Zeit recht proprietären Netzen der Mobilfunkanbieter aufgebaut. Der Erfolg war fantastisch“, erzählt Lieselotte Neste, damals Entwicklungsleiterin für die Gateway-Projekte und heute Bereichsleiterin Technology für die Aviation-Lösungen von Materna IPS.

Ein weiterer Erfolg waren die sogenannten ‚Mehrwert SMS‘. Materna entwickelte eine Lösung, die aktuelle Meldungen der Nachrichtenagentur dpa auf 160 Zeichen verkürzte, sodass ein Versand per SMS möglich wurde. Das waren jedoch häufig nur Überschriften und der eigentliche Inhalt fehlte. „Wir mussten also manuell die Inhalte entwickeln. Daraus ist die Idee entstanden, eine Redaktion einzurichten. Unser Handy-Pionier Josef Humbert war einer der ersten Kollegen in der neuen Redaktion“, berichtet Lieselotte Neste.

In der Folge entwickelte das Redaktionsteam definierte Prozesse, um die wichtigsten Details einer dpa-Meldung in eine SMS zu packen. Schließlich entstand die Erkenntnis, dass sich mit der Zeichenmenge von drei SMS halbwegs verständliche Nachrichten transportieren ließen. Die Premiere des neuen Produktes „SMS-Infodienste“ war im März 1998 auf der Computermesse CeBIT am Stand von Vodafone, damals noch bekannt unter dem Namen Mannesmann D2. Anschließend haben auch E-Plus und Viag Interkom (heute Telefonica O2) einen solchen Dienst angeboten. „Diese SMS-Infodienste gibt es trotz des Smartphone-Booms bis heute. Das ist total irre“, freut sich Josef Humbert.

Es klingelt die Kasse

Für mehr Unterhaltung und Spaß bei der Handy-Nutzung sorgten individuelle Klingeltöne.

„Wir haben dann zwei Ringtone Manager eingestellt. In diesem Zusammenhang fragte uns eines Tages der Einkauf verwundert, ob wir bei der Bestellung eines Keyboards etwas verwechselt hätten. Statt einer Tastatur hatten wir nämlich ein Musikinstrument bestellt und das sorgte dann doch nachhaltig für Verwirrung bei den Kollegen“,

schmunzelt Lieselotte Neste. Der Hintergrund ist leicht aufzuklären: die ersten Klingeltöne waren noch monophon, erst später kamen polyphone Klingeltöne hinzu, bis schließlich beliebige Melodien und Songs wählbar waren. Bei Materna waren damals tatsächlich musikaffine Mitarbeiter*innen damit beschäftigt, auf dem Keyboard neue Klingeltöne einzuspielen – das Geschäft lief viele Jahre mit großem Erfolg.

Ein neuer IT-Service entsteht

„Wir programmierten schließlich unser eigenes Redaktions-Tool, damit wir den Content, den wir für die Mobilfunkbetreiber entwickelten, auch in großen Mengen ausspielen konnten“, erzählt Lieselotte Neste. „Diese Software haben wir bei uns im Hause betrieben.“

Mit dem Betrieb dieser Anwendung legte Materna den Grundstein für sein Hosting-Geschäft. Der damalige Mobilfunkbetreiber Mannesmann D2 war dann auch der erste Kunde für die Dienstleistung Managed Service, bei dem IT-Experten von Materna dafür sorgen, dass eine Business-Anwendung immer verfügbar und auf dem aktuellen Stand ist. „Unser heute TÜV-zertifiziertes 24x7 Rechenzentrum ist mit einem Server unter dem Tisch gestartet“, erinnert sich Lieselotte Neste.

Smartphones starten durch

Die Entwicklung der Mobiltelefone schritt rasant voran und der Nokia Communicator war eines der ersten mobilen Geräte, die Daten austauschen konnten – allerdings kam dort noch ein proprietäres Betriebssystem zum Einsatz. Jedenfalls verdiente das Gerät von Nokia erstmals die Bezeichnung Smartphone. Einziger Haken: die Datenübertragung per Mobilfunk war damals viel zu teuer. Das änderte sich jedoch im Laufe der Jahre und schließlich erschien im Jahr 2007 das erste iPhone von Apple. Das Gerät unterstützte UMTS bzw. 3G und konnte damit deutlich flotter Daten übertragen. Erst zwei Jahre später folgte Google mit seinem Android-Betriebssystem.

Die SMS lebt

Mit UMTS startete auch die Videotelefonie. „Alle dachten, das wird der Kracher und Leute hören jetzt auf zu telefonieren und machen nur noch Videotelefonie. Das war aber nicht der Fall. Gleichzeitig dachte jeder, SMS braucht nun wirklich keiner mehr. Auch das traf nicht zu, denn selbst heute werden noch viele SMS-Nachrichten verschickt“, berichtet IoT-Experte Marcus Götting.

Parallel entwickelten sich eine Reihe weiterer Dienste, wie Premium SMS, Festnetz SMS und MMS to Postcard. „Wir hatten eine Firma in Hamburg, die hat die MMS ausgedruckt und als Postkarte an die Empfänger verschickt. So konnten sich auch Oma und Opa das beste Urlaubsfoto der Enkel ansehen“, erzählt Antje Krämer, damals Marketing-Verantwortliche für das Mobilfunkangebot. Ein weiteres Anwendungsbeispiel wurde auf der CeBIT-Messe gezeigt: Nutzer*innen konnten sich an einem Automaten ein Getränk ziehen, indem sie eine Premium SMS an das Gerät schickten. Dies war sozusagen ein Vorläufer für das kontaktlose Bezahlen.

Models und Bodyguards

Um die Mobilfunkdienste bestmöglich zu vermarkten, gründete Materna Anfang der 2000er Jahre die Marke Anny Way. Die in futuristisch-silbrige Kleidung gehüllte junge Frau, die Anny Way verkörperte, stand fortan auf allen nationalen und internationalen Messen und repräsentierte die mobilen Services von Materna.

„Zeitweilig brauchten wir auf Messen für das Model tatsächlich Bodyguards. Und auch Liebesbriefe hat sie bekommen“,

berichtet Antje Krämer.

Know-how wird zum Exportschlager

Neben den vielfältigen Dienstleistungen entwickelte Materna auch Infrastrukturplattformen, die zum Betrieb dieser neuen Dienste benötigt wurden, und verkaufte diese an Unternehmen rund um den Globus. „Wir hatten für Nokia ein WAP-Gateway entwickelt, um Internet-Seiten auf dem Handy anzeigen zu lassen. Damit sind wir auf Messen getourt und haben große Netzbetreiber als Abnehmer gefunden. Das reichte von Österreich über Kuwait und Bahrain im Mittleren Osten bis nach Vietnam“, berichtet Jan Geiger, Telekommunikationsexperte bei Materna.

Ebenfalls erfolgreich, wenngleich nur in wenigen Stückzahlen, war der Verkauf des Multimedia Messaging Service Centers (MMSC). Dies ist die Vermittlungs- und Verwaltungsstelle für einen Multimedia Messaging Service, der typischerweise von Netzbetreibern eingesetzt wird. So lernten die Experten von Materna im Laufe der Jahre, wie die Infrastruktur der Netzbetreiber sowie die Mobilfunkindustrie im Detail funktionieren. „Beispielsweise haben wir bei der Standardisierung von neuen Mobilfunkstandards wie UMTS mitgearbeitet, waren in Normierungsgremien tätig und haben Prototypen entwickelt sowie Grundlagen erforscht“, erzählt der Experte Jan Geiger.

Die kommerzielle Nutzung von Daten sowie die rasche Entwicklung von Märkten für M2M-Kommunikation (Machine-to-Machine) und das Internet der Dinge ist damals nicht in dem Umfang eingetreten, wie viele Marktteilnehmer sich vielleicht erhofften. Die Materna-Experten traten in der Industrie zwar immer wieder als Berater auf und zeigten die Potenziale für Unternehmen auf. Damals war die Technik jedoch noch nicht in den Köpfen der Kunden angekommen. „Heute ist das Datengeschäft Mainstream und es gibt Netztechniken für die verschiedensten IoT-Szenarien“, weiß Marcus Götting aus der Praxis zu berichten. Der wesentliche Unterschied ist jedoch, dass sich selbst größte Datenmengen heute schnell und deutlich preiswerter übertragen lassen.

Wegbereiter des Mobilfunks

Für die Mitarbeiter*innen von Materna waren die „Nuller“-Jahre jedenfalls eine extrem spannende Zeit, in der die neue Mobil- und Datenkommunikation seinen Platz in der Industrie und der Gesellschaft suchte.

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